Lyrisches von Helmut Maier

Kategorie: Neue Maier-Lyrik (Seite 6 von 15)

Ich – nur ich?

Millionen von Vorfahren.
Ihr Leben ”“ völlig unbekannt.
Und doch: sie alle lebten ihr Leben.
Und das
zum Teil
bestimmte auch mein Leben.

Doch wie wenig der einzelne, die einzelne
zu meinem Leben beigetragen hat.
Ich bin ja ich
und doch
irgendwie
zusammengesetzt.

Laut für den Frieden

Laut muss er werden
und ehrlich,
der Ruf nach Frieden.
Und n u r für Israel
stimmen
ist nicht genug,
nein, das ist sogar
unbarmherzig,
wenn man nicht das Leid
der Palästinenser*innen
ansieht.

Laut muss er werden,
der Ruf nach Frieden.
Wo hat die Politik
völlig versagt?
Das muss man fragen,
und das zwar sehr laut!

War ich noch nie ein Linker?

War ich noch nie ein Linker?
Hab ich noch nie geglaubt, dass die Hamas
nur antikolonialistisch gewesen sei?
War ich noch nie in der Gefahr
romantisch gewesen zu sein?
Habe ich immer
heimlich an Netanjahu geglaubt?
Ich war ja auch schon
ein Mitglied der SPD,
niemals ein Mitglied der Linken.

Aber von allen
bestehenden Parteien
des Bundestags
sind mir die Linken
die liebsten
noch immer.

Übermorgen

Übermorgen

schließe ich mich

der Masse an.

.

Am Brandenburger Tor

beginnt die (große?) Demo

gegen den Krieg in Gaza

und gegen den Krieg in der Ukraine

und gegen die Kriege sonst irgendwo.

.

Ach, wie hoffe ich auf große Zahlen!

Und offene Herzen für alle,

die davon hören.

.

Frieden ist doch möglich!

Frieden in Palästina

Die Weisheit fehlt.
Die Weisheit gibt es.
Weise Jüdinnen und Juden 
bitten um den Frieden.
Weise Palästinenser*innen
bitten um den Frieden.

Warum hört man nur
die furchtbaren Krieger*innen?
Mehrheit ”“ hat sie denn immer Recht?

Jahrzehnte lang hörte man nur,
was die Mehrheit forderte.
Nicht, was die Weisheit gebot.

Ach, wir alle
hören nur unweise
Ansprüche
und nicht,
was zum Frieden führt.

Bis sich die Weisheit
durchsetzt.




Hand in Hand

Hand in Hand.

Nein, wir gehen nicht

spazieren in der Vollmondnacht,

wir liegen,

ein jedes in seinem Bett.

Unsere Finger aber

sind verwoben ineinander.

Wir halten uns,

weil wir sonst abstürzen würden

möglicherweise

in die Nacht der finsteren Träume.

Wir aber,

ein jedes in seinem Bett,

beginnen zu träumen

vom ewigen Frieden.

Das wahre Leben

Die Asterchen, die roten, die feinen,
ich liebe sie,
sind sie auch angebunden
an eine Rosenstaude, eine gelbe
(ist”˜s das, was so entzückt?)

Auf jeden Fall ist es das volle Leben
der vielen, vielen Wildbienen.
Es ist ein richtiges Gewusel
und wenn schon eine auf der Blüte sitzt,
wenn noch die andre erst im Anflug ist,
so schwirren beide auf.

Wo doch so viele Blüten
zur Auswahl sind.

Ich liebe sie,
sie sind so vorsichtig
und keine will
die andre stören.

Ich liebe sie so sehr!

Deutschland im Mittelalter

Wir befinden uns wieder
im Mittelalter.
Wir glauben ”“ nicht: wir wissen –
dass Russland die Sanktionen
nicht überleben
kann.

Wir glauben ”“ immer noch –
dass Russland besiegt
werden kann,
wenn wir die entsprechenden Mittel
bereitstellen,
koste es, was wir uns
nicht leisten können.

Denn unsere Gesellschaft
wird immer ärmer, wenn
wir die Superreichen
nicht mitzählen.

Wir glauben ”“ immer noch –
dass wir die Guten sind,
dabei verletzen wir die Rechte
der Ärmsten im Land und verstehen nicht,

warum die Staatsfeinde davon profitieren.

Wir glauben ”“ und das immer noch –
dass wir das überleben
werden,
denn
in unseren Augen ist Putin
der Teufel in Menschengestalt
und den heißt es zu besiegen,
auch wenn die Weltlage
sich völlig verändert hat.

Und wir glauben ”“ und wirklich widerspricht das der Lage –
dass der Kapitalismus
den Menschen das Himmelreich verspricht
und wollen wir das immer noch glauben?

Oder


Wir kämpfen nicht.
Nein, wir geben Geld
und Waffen
und Kriegsgerät
in die Ukraine.

Oder: wir sind
nicht Antisemiten,
wir sind fürs Recht
auf Siedlungsbau,
das Palästinenser*innen
nicht haben
im Heiligen Land.

Oder wir beziehen
Gas aus Katar,
russisches Gas aus Indien,
Fracking-Gas
aus USA,
das nicht aus Deutschland stammen darf.

Oder, oder, oder …

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