Maier-Lyrik

Lyrisches von Helmut Maier

Montag in Stuttgart

Heute wieder
auf der Montagsdemo
gegen Stuttgart 21.

Wirklich: wieder
einmal.

Vorher auf dem Schlossplatz
suche ich mir ein Plätzchen:
links neben mir
das Neue Schloss,
vor mir das ehrwürdige
Alte Schloss.

Doch besonders heute:
die kerzenbestickten Bäume,
keine Weihnachtsbäume,
sondern mit kerzenartigen
starken Kerzen: die Blüten
der Kastanienbäume

Auf dem Rasen vor dem Alten Schloss
ein paar junge Frauen
mit ihren kleinen, fast babyartigen Kindern.
Zwei rennen auf dem Rasen.
Doch sie werden rasch gefangen:
das eine sogar ziemlich schnell:
die Mutter dreht sich um sich selbst,
schwenkt ihr Kind durch die Luft,
noch einmal und noch einmal.
Jedes Mal liebkost sie es.
dann kommt es in den Wagen.

Neben mir auf der Bank inzwischen
zwei Männer in fremder Sprache.
Was sie wohl sagen?

Vom Alten Schloss her,
wo es ein Museum gibt,
zwei Grüppchen,
mit Fähnchen voraus
die Führer*innen;
sie gehen nach links
außer Sichtweite.

Und auf der Montagskundgebung
darauf:
tolle Musik:
eine lächelnde Frau
und ein Mann spielen
und singen
und vor der ersten Reihe:
eine ältere Frau tanzt vor Entzücken
(außer der Reihe),
und manchmal hält sie sich den Rücken
und hat manchmal Schmerzen,
aber nur ganz kurz immer.
Die Sängerin auf der Bühne
scheint sie zu sehen:
Sie scheint noch kräftiger zu lächeln

und in der Rede:
„Wir haben‘s doch schon immer gesagt“
und das zurecht (denke ich):
Es ist ein erbärmliches Projekt,
dieses Bahnprojekt.
12 Milliarden bisher
und kein Ende
und völlig
ohne Sinn!



Gestern

Gestern im Pfarrgarten in Aichelberg:
Dort sah ich dieses Jahr
zum ersten Mal
einen Apfelbaum
mit offenen Blüten.

So schön mit rötlichem Rand.
Jetzt wird wirklich Frühling.

Die Verhältnisse

Die Verhältnisse, sie seien nicht so,
heißt es.
Doch wie sind sie denn nicht so?
Nicht so, wie wir sie uns wünschen?
Nicht von Vernunft getragen, seien sie?
Nicht uns entgegenkommend?

Wir müssen – jedes einzelne eben –
sie wohl so nehmen, wie sie sind.
Und manchmal ist das gar nicht so schlecht,
obwohl sie ein Zeichen sind
des Klimawechsels:

Wie herrlich ist doch dieser April:
So blau der Himmel,
so annehmbare Temperaturen:
Manches Mal vielleicht ein wenig zu kühl,
aber trocken – und blau der Himmel!

Und sonst?
Es sind vielleicht nicht die Zeichen,
die uns die Jahreszeiten anbieten sollten.
Es sind vielleicht nicht die Zeichen,
von Vernunft getragen.
Aber wir müssen eben
resilient werden.
Wenigstens ein wenig!

Der April

Der April, er donnert mal kräftig,
er tobt wie der November,
er ist voller Licht
und Sonnenschein,
wenn man ihn ein paar Stunden lässt,
dann rauscht der Regen nieder,
ja, er tut, was er will.
Und immer noch ist so viel Krieg.

Mai?

Keine Woche mehr,
bis es April wird.
Was ändert sich nun
im näheren Monat?
Hell genug ist es ja
und Aprilwetter wird nicht gerade,
was wir uns wünschen.
Ich warte schon auf Mai.
Der wird grün und schön,
denke ich mir.

Frühlingsanfang

Der Frühling, der ist da!
Er singt und tanzt.
Zwar tanzen eher noch die Wölkchen
am Himmel rum,
doch scheint schon die Sonne.

Ich tanzte gerne mit,
wenn‘s meine Bronchien erlaubten.
Aber die, die bellen noch ein bisschen;
doch das wird besser!

So sei‘s nun offiziell verkündet:
Heute ist Frühlingsanfang!

Gegen den Strich

In der Ukraine
und noch schlimmer in Palästina
geht es leider
gegen den Strich.

Denn alle großen Mächte
sind eigentlich dagegen,
wenn es nicht
auch für sie
äußerst günstig ist.

Und Europa,
eigentlich immer noch im Schleppzug
der Amerikaner
versucht doch gegenzusteuern.
Aber sie tut dabei das Falsche:
Aufrüsten mit allem, was geht,
koste es den eigenen Zerfall

oder Untergang.

An Juchzger*

I mach an Juchzger, so schee isch‘s!
D‘Sonn scheint so warm.
Ond I ben en‘ra sauscheena Schdimmong –
i ka eich kaum saga wia wonderschee!
S‘isch d‘r reinschde Sommer drussa.
Ond i mach me uf da Weag!
Denn drussa isch‘s no scheen‘r!


*ein schwäbisches Gedicht

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