Lyrisches von Helmut Maier

Kategorie: Allgemein (Seite 15 von 96)

Ein Februargedicht von 2007 (19.2. hier auf dem Blog)

Leben

Es ist in mir
und außer mir:
lebendes Leben
und gelebtes,
wiedergebärendes
und wiedergeborenes,
abgeklärte Erfahrung
und jauchzendes Suchen.

Die Rose blüht
und verwelkt
und das Gänseblümchen,
versteckt im Strubbelgras.

Die Hagebutte
leuchtet und glänzt ja mehr noch
im Regenschauer.

Ein Gedicht wächst
in den Ganglien
und lässt sich dann hören.

Leben und Tod

Vor ein paar Tagen ist mein Internet-Freund, der Lyriker Bernd Pol gestorben. Auf Facebook siehe: https://www.facebook.com/helmut.maier.39/posts/2130408586997660
SIEHE AUCH: https://www.youtube.com/watch?v=uUR8pXk1iM0

Sein Tod hat mich dazu gebracht, Gedanken über Leben und Tod, die mir schon lange durch den Kopf gehen, vorläufig aufzuschreiben:

Leben und Tod

Das Leben leben
und nicht den Tod!

Der unausweichliche Tod zwar
gehört auch zum Leben.
Krönen kann er’s sogar
und zeugen vom Leben.

Der gewaltsame Tod jedoch
lässt den Mörder
nicht leben,
auch solange er
noch warten muss
auf den eigenen Tod.
Leben, um Tod zu bringen,
ist kein Leben
und kann keines mehr sein.

Lasst uns das Leben leben!
Nichts Tödliches soll es bestimmen,
solange der Atem reicht.

Auch die Negierung des Todes aber
tötet das Leben,
hindert sein Gelingen.

Pflanzen wir täglich doch
Sämlinge ein des Lebens
ins Schicksalsbeet
für uns und für andre.
Dann glückt das Leben
noch einmal eine weitere Spanne
bis ans Ende.

Gewissheit 2019*

Wenn wir vom Neuen Jahr diesmal
nichts erwarten, als dass es wieder
zwolf Monate haben wird wie schon gewohnt,

dann werden wir mit sehr großer Gewissheit
zum ersten Mal im Leben nicht sehr enttäuscht.

*ein Janka

Amos Oz ist tot

Gestern starb Amos Oz, ein wichtiger Mahner für den Frieden zwischen Israelis und Palästinenser*innen. Er wurde 1939 in Jerusalem geboren. Weltweit wurde er als Schriftsteller geschätzt. Er war der meist übersetzte israelische Schriftsteller und Journalist. Spätestens nach dem Sechstagekrieg 1967 setzte er sich entschieden für eine Zweistaatenregelung als machbare Möglichkeit zum Frieden mit den Palästinenser*innen und dann als Mitbegründer der Friedensbewegung „Peace now“ für eine generelle gerechte Friedensregelung auch mit den arabischen Nachbarn Israels ein. Es wird interessant sein, wie Oz in Israel gewürdigt werden wird: auch als Verfechter eines gerechten Friedens im Nahen Osten oder ausschließlich als international geachteter israelischer Schriftsteller und Essayist.

Meiner Heimat verbunden war Amos Oz übrigens als Inhaber 2002 der Tübinger Poetik-Dozentur.

Rückblick und Ausblick – und was wohl dazwischen?

Treppauf, treppab im Reihenhaus.
Verknüpfungen sind nicht rationalisierungsgeeignet.
Rückblicke und Ausblicke
dürfen sich nicht stören,
obwohl sie nicht kompatibel sind.

Muskeln sind angestrengt.
Auch wenig Bewegung schon
kann schmerzhaft sein.
Langstreckenlauf ist selten noch möglich,
aber immer mehr angesagt,
soll das Wesentliche nicht gar
im Strudel der Ereignisse
untergehen.

Auf welchem Boden stehen wir,
auf welcher Ebene?
Sind Ausblicke nicht versperrt
durch Vorhänge jeglicher Art?

Frieden ist nötig
unter den Religionen,
unter den Bürgerinnen und Bürgern,
unter den Menschen,
unter den Völkern,
unter den Anschauungen,
unter den Lebeberechtigten allen.

Hoffnung und Mut
müssen sich vereinen
gegen die aussichtslose Verzweiflung,
auch wenn die Flut der Meldungen
sie wegzuschwemmen droht.
Ohne sie würde es bald schon noch schlimmer.
Und Zukunft, wie wir sie wollen,
würde völlig unmöglich.

Wollen wir denn
verzichten auf sie?

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