Maier-Lyrik

Lyrisches von Helmut Maier

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Ich lausche den Stimmen

Ich lausche den Stimmen,
die sich vereinen
mit all jenen,
die einfach keinen Krieg mehr
haben wollen.

Ich lausche den Stimmen,
die andere überzeugen,
dass sie nicht mehr
den Verlockungen
der falschen Sicherheit glauben,
die uns angepriesen werden
mit Waffengewalt.

Ich lausche den Stimmen,
die dann wunderbare Gedichte schreiben,
die uns die besseren Zeiten
nahbringen und nahe legen,
die uns noch heute
umgeben können.

Ich lausche gerne euren Stimmen.

Die hohe Birke

Eine überaus hochgewachsene Birke,
die ich noch nie wirklich
wahrgenommen hatte,
steht gegenüber der Omnibushaltestelle nach Endersbach,
die ich auch selten selber benutze.

Nun fiel sie mir plötzlich auf:
ihr schlanker hoher Wuchs
hing gestern Morgen wohl in einer Eiswolke.
Jedenfalls, als ich da hinkam am Mittag,
erstrahlt er vor dem blauen Himmel
wie eine Mandorla um die Maria:
ganz von weißem Raureif umhüllt.

Ich wollte sie mit dem Handy
nun noch schnell fotografieren,
da kam auch schon der Bus
und ich musste rennen.

Was ich nicht verstehe


Was ich nicht verstehe
und was mir fremd vorkommt,
das lehne ich ab.

Und was ich ablehne,
sollten doch andere
auch ablehnen.

Oder etwa nicht?

Nein, diese Meinung
sollte mir zu denken geben,
sollte mich mindestens fragen:
Warum interessiert mich das nicht?
Oder: Warum schreckt mich das ab?

Verfährt die Bundesregierung auch so?
Oder verfährt sie gar nach dem Prinzip der Cancel Culture?

D’r Reifa

D”˜r Reifa uf am Geäscht,
und dia ganz Gegend voll,
des isch a Freid,
ond s”˜Leaba isch toll!

Ond en de Däler ond Klenga
rond om d”˜r Schurwald rom
isch jeds Geäscht braun.
S”˜isch wirklich ned domm!

Ein weißes Wunder

Viele Millionen von Bäumen und Sträuchern,
bezuckert mit Raureif,
mit langen Nadeln, die von dem Geäst
abstanden wie starre Zweigchen,
bestanden den Schurwald
vor ein paar Tagen
hoch über dem Neckartal.

Selten sahen die Leute
hier oben
eine solche Pracht,
die so eine weiße Fläche
als Wunder bescherte.

Heute Morgen erst taute der Reif
schließlich vollkommen ab und
der Himmel wandelte sich
in die gleiche Bläue wieder
wie zuvor.

Bläue

Wenn man”˜s wohl sucht, kann man”˜s finden,
die paar kleinen Streifen oder so
von winzigen Spuren von Wolken
am blauen Himmel heute.

Gott danken?*

Ach, könnte ich nur einem Gott
dankbar sein fürs Gedichteschreiben:
unbeschwert könnte ich Wort für Wort setzen.

Und sie würden klingen wie aus dem Himmel,
ich wäre frei zu tun nach seinen Gaben.

Ich müsste gar nicht mehr suchen
nach Regeln, die sich schlicht ergäben,
nach Klängen, die sich einfach finden ließen.

Er wäre dann verantwortlich für alles
und müsste dann dafür gerade stehen.

*ein doppelter Achtundzwanziger

Durch irrsinnige Fragen hindurch

Durch irrsinnige Fragen hindurch
quälte ich mich.
Änderte meine Meinung
stündlich:
Wer ist schuld
an diesem Desaster?

Ich verabscheue alle die Großen,
die nicht über ihre Schatten springen.
Die Elend und Grauen
über die Menschen bringen.

Und ich leide nicht einmal
unter ihrem Versagen.
Und dennoch:
Mir ist es so schwer,
dass ich mich krümme
unter den Schlägen,
die mich nicht einmal treffen.

Aber diejenigen,
die sie treffen
und töten,
ach,
in so riesiger Zahl,
was könnte ich ihnen sagen?

Bin ich denn mitschuldig daran,
dass sie so leiden müssen?
Sie leiden und sterben
und ich lebe
und schaue zu,
sehe die Nachrichten,
diese schrecklichen
und kann nichts machen
daran.

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