Lyrisches von Helmut Maier

Kategorie: Neue Maier-Lyrik (Seite 9 von 15)

Suchen und Sammeln*

Nach Blüten und Knollen dauernd
zu suchen und sie auch zu sammeln,
sollte schon immer der Menschen Begehr sein,

nicht nur der Frauen, nein, auch der Männer, und
ist ja im Frühling ganz neu wieder möglich.

* ein Janka

Am Bodensee

Am Ostermontag war ich am Bodensee,
dort wo man hinter dem Wasser
zuerst die Insel sieht, auf der Lindau liegt,
saß dort auf einer Baumwurzel
inmitten eines Kiesstrandes
und blickte auf die Sicht, die man dort hatte.

Hinter mir lud ein Cafe zum Schmausen ein,
vor mir stand auf einer Art Anlegestelle
eine Art Signalmast.
Links davon war der Pfänder zu sehen,
rechts neben der Insel kam gerade ein Schiff
auf das Eiland zu und in der Ferne
waren ein paar Häuser von Bregenz erkennbar.

Und noch weiter rechts sah man das Tal des Rheins
in Vorarlberg und in der Schweiz und in Liechtenstein
zwischen den Bergen sich erstrecken.

Noch weiter rechts lagen die Berge bis hin zum Säntis
hinter dem weiten Bodensee. Herrlich
war die Landschaft mit schneebedeckten
Gebirgen und leicht schon grünen Vorbergen.

Ich hatte das Gefühl von Urlaub
und sammelte merkwürdige Steinchen
vom Boden rings um meinen Platz.

Vom Sammeln

Einige Münzen hebe ich auf,
normale und Sonderprägungen,
sie nehmen an Wert zu, nicht wahr?
Alte Kalender zu Hauf,
ich will doch nachschauen können,
was vor vielen Jahren geschah,
ganz im persönlichen Bereich.
Alte Briefe, die mich erinnern,
wann meine Mutter
die Presswehen hatte
und in die Klinik fuhr
mit dem Taxi
und mich gebar.
Briefe auch mit schönen
Briefmarken oder Stempeln
oder seltsamen Aufdrucken.
Sind sie nicht kostbar?
Oder Biefchen, die ich selber schrieb,
als Zehnjähriger, wie könnte ich sie
wegwerfen?
Oder frühere Gedichte von mir.
Vielleicht werden sie eines Tages
doch noch veröffentlicht
in einem richtigen Verlag?

Und heute

Und heute
sind es wieder ziemlich viele
Schlüsselblümchen
und zwei Blüten der Primelchen
und auch einige des Scharbockskrauts
und wieder neue Osterglöckchen,
die kleinen, die den großen
Konkurrenz machen,
und überhaupt ist schon wieder
neues Gras da
und Moos
und ein Rotkehlchen,
das in der Hecke sitzt
und die beiden Kohlmeisen,
und schon vier Tage Frühling.

Frühlingsbeginn

Heut ist Frühlingsbeginn.
Lasst uns ihn preisen,
ihn loben und feiern.
Heut ist Frühlingsbeginn.
Was für ein Wunder
und jedes Jahr neu.
Lasst uns ihn bejubeln
und tanzen und singen:
Wir wollen ihn
bejauchzen, innig begrüßen,
ihm den Weg öffnen,
dem Frühlingsbeginn.

Schlicht Unsinn?

Wenn in der Ukraine
russische Schriftsteller
aus dem vorigen oder
vorvorigen Jahrhundert
weggeworfen werden,

wenn in der Bundesrepublik
Deutschland russische
Kriegsdienstverweigerer
kein Visum bekommen
(oder auch ukrainische),

was ist da noch in Ordnung
mit dem Denken?

Geborgenheit

Geborgenheit in meinem Wollpullover,
in meinem Zuhause,
im Denken an Wanderungen,
die mir behagten,
mitten im Winter,
wenn er recht kalt ist.
Ich möchte sie festhalten
für meine Nachkommen.

Wie können sie sich geborgen fühlen,
wenn Krieg tobt?
Krieg darf nicht sein,
nicht in unserem Land,
nicht in fremden Ländern,
Krieg darf einfach nicht sein.

Vielleicht gelingt es uns noch,
ach, welche Freude,
wenn dieses gelingt
in Freundschaft mit allen
Menschen in dieser Welt.

Wenn Geborgenheit innerlich erlebt,
im Außen bewährt,
mit Menschen,
die wir lieben
dürfen
ohne Entscheidungen,
die uns im Mark treffen.

Geborgenheit
im wollenen Pullover,
im leichten Hemd
in der Sonne des Sommers,
im weißen, weißen Schnee des Winters
im Bewusstsein,
dass endlich alles gut ist.

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