Lyrisches von Helmut Maier

Autor: Helmut Maier (Seite 1 von 8)

Alles eine Frage des Willens

Ich habe erst gestern wieder
bei Regen und bei leichtem Schneefall
mich ein bisschen mehr an den Winter gewöhnt

die lange Unterhose ausgezogen
die kurze dafür angezogen
und trotzdem gar nicht gefroren

So sollte es wohl weitergeh‘n
auch im kälteren Winter dies‘ Jahr
habe mir vorgemerkt nicht mehr zu frieren

Ein goldener Abend

Ich vergehe fast bei dem Erinnern
an den goldenen Streifen im Westen
am Donnerstag Abend vorgestern
Aber noch mehr beim Blick in den Osten

Dort über dem Berg Teck
gab es einen Abglanz des westlichen Goldstreifs
und die „Burg“ lag still darunter

Der Mann von der Teck,
der König Deutschlands war
für ein paar Tage nach seiner Wahl
vor der meuchelnden Ermordung
unten liegt er in der Kirche zu Owen
unter der Teck
in seinem Sarkophag
mit dem gekrönten Adlerkopf drauf
Das ist fast alles von seinem Geschick

Ach wie wehmütig traurig eigentlich
Und passt so gut in unsere Zeit

Aber am gleichen Donnerstag-Abend
da stand ich im mit Kerzen erhellten Kreis
zum Gedenken an die Verschleppung
der Esslinger Juden 1941
(da war ich schon geboren)
und der neue Esslinger Dekan
sprach von seinem Urgroßvater
einem schrecklichen SS-Mann
der schreckliches Unheil brachte
das der Dekan so sehr bedauerte und sich dessen schämte

Auch ein Zeichen dieser Zeit

Veränderungen

So viele Veränderungen
Riesige Bäume ganz kahl
Einige Bäume mit kahlem Haupt oben
unten aber in hellem Gelb
Manche im Ganzen noch fast grün
und bunte Bäume sind der Schmuck
in der Landschaft
und alles ist Herbst

Der Teig muss ja wohl …

Frage im schwäbischen Alltag:

Isch der Deig au schee ganga?
Ja?
Worom denn?
Ha, i frog halt
ond jetzt?
Ha, er isch halt scho ganga
Schad!
Worom schad?
Ha, des isch doch bleed!
Ja, worom?
Ha, wenn er ganga isch, no isch er doch nemme do!

Wenn ein Teig nicht geht, dann backt er doch nicht recht, oder?

Der Herbst

Der Herbst – ein wendiger Monat
Wetterwendig jedenfalls
Wärme (na ja) und Kälte (auch noch nicht wirklich)
*
Aber alles im Wechsel
So wie das Leben insgesamt
Obwohl es da wirklich Wärme
und wirklich Kälte gab
*
Welches Glück man da erleben konnte
Und welche Trauer man erfuhr
Kaum zu glauben
wenn man zurückschaut
*
Auch ich schwelgte schon im höchsten Glücksgefühl
Auch ich trauerte manches Mal
Und nun: alles was bleibt
ist der Herbst
*
oder vielleicht doch noch der Winter
oder vielleicht noch mehr
oder vielleicht …

Es ist schrecklich

Es ist schrecklich
dass die Geiseln so im Fokus sind
und nicht die Menschen in Gaza

Ja die Menschen in Gaza:
unterernährt mindestens
ohne wirkliche Heimat
ins Nichts gestürzt
wo einmal ihr Zuhause war
aber das ist vorbei
Wer wird ihnen helfen
das alles wieder aufzubauen

 Wird das jemals möglich sein

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