Was ich im Folgenden ausführe, hat mit meinen zwei Gedichten unter dem Gesamttitel „Gesteuerter Zufall“ zu tun ”“ bzw. haben sie mit der Recherche zu tun, die ich nun darstellen will:
Ich bin durch Bekannte auf den Namen „Theo Lutz“ gestoßen. Ich erfuhr, dass Theo Lutz mit Max Bense zusammengearbeitet hat. Tatsächlich war der Mathematiker Theo Lutz Doktorand des Kybernetikers Max Bense. Das Ergebnis eines Experiments mit dem Großrechner „Zuse 22“ am Rechenzentrum der TH Stuttgart, aus dem später die Abteilung für Informatik hervorging, veröffentlicht Lutz 1959 in Benses bedeutender Literaturzeitschrift „Augenblick“ der sogenannten „Stuttgarter Schule“. Es sollte sich um einen Meilenstein computergenerierter Poesie, um die sogenannten stochastischen (also zufallsgesteuerten) Texte handeln.
„Theo Lutz hatte ein Programm geschrieben, um stochastische, d.h. zufallsbasierte Texte zu erzeugen. Dazu hatte er, auf Max Benses Anraten, je 16 Subjekte und 16 Prädikate aus Kafkas „Schloss“ ausgewählt.“
( https://copernicus.netzliteratur.net/ )
Der Aufsatz von Theo Lutz kann hier nachgelesen werden:
https://www.netzliteratur.net/lutz_schule.htm
Autoren, die im „Augenblick“ publizierten und bei der Konstituierung der Stuttgarter Gruppe/Schule eine mehr oder weniger gewichtige Rolle gespielt haben, sind neben Gomringer, Heißenbüttel und Max Bense selbst, ferner Arno Schmidt, Martin Walser, Ludwig Harig, Claus Henneberg, Theo Lutz, Reinhard Döhl, Ferdinand Kriwet, Jürgen Becker, Manfred Esser u.a.
Schön, Theo Lutz in dieser Liste gefunden zu haben, die bei Reinhard Döhl: „Der Kreis um Max Bense“ nachgelesen werden kann:
https://www.reinhard-doehl.de/bensekreis.htm
Übrigens kann man auch Ernst Jandl durchaus zeitweise zur Stuttgarter Schule rechnen.
Ein paar weitere Links dazu:
https://www.netzliteratur.net/lutz_schule.htm
https://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2004/11/30/a0189
https://www.stuttgarter-schule.de/bensekybernetik.htm
Bei Günters genialen Gedicht-Generatoren 😉
( https://www.poetron-zone.de/poetron.php )
dürfte es sich um praktisch dasselbe handeln wie das ursprüngliche Programm von Theo Lutz ”“ wohl etwas auf moderne Handhabung eingestellt.
Mit ihm habe ich versucht, so etwas wie künstliche Poesie herzustellen. Dieser Vorgang wird übrigens seit Theo Lutzens Aufsatz „lutzen“ genannt.
Nach mehreren Versuchen, habe ich dann gedacht, dass mein Gehirn als „Computer“ in Erinnerung an die entsprechenden Resultate etwas Ähnliches hervorbringen könnte. So ist der Text „Stochastische Zusammenschau“ entstanden. Dann habe ich Teile davon in das Poetron eingegeben und habe das künstliche Gedicht nach meinen Vorstellungen ideologischer Art verändert ( 🙂 ). Daraus wurde der Text „Eine Anklage an Heilige Schriften“. Der „Originaltitel“ hieß übrigens: „Ode an Heilige Schriften“.
P.S.: Es darf geraten werden, welche Begriffe ich ins Poetron eingegeben habe. Eine Auflösung wird es aber nicht geben.
Danke für diese Hintergrundinformationen, Helmut. Ohne diese hätte ich mit deinen beiden Texten echt nichts anfangen können… Jetzt erkenne ich den Sinn (oder Zufall) dahinter.
Mit diesen Zufalls-Generatoren habe ich auch schon herumexperimentiert. Manchmal kommt Verblüffendes zustande.
Gruss, Brigitte
Ich hätte gedacht, mit der Assoziation Eingebung: 1. Eingabe von Daten 2. Inspiration hätte ich schon rechnen können …
Vielen Dank für Deine Anerkennung der Hintergrundinformationen, liebe Brigitte,
und liebe Grüße
Helmut
Hallo Helmut,
was sind wir anderes als Generatoren? Wir haben Input. Wir haben unsere Formeln. Das ergibt den Output.
Uns ist das durch Zufall gegeben sagen die einen, die anderen sagen, das hat was Göttliches.
Die Maschine hat von beidem nichts. Sie ist vom Mensch geschaffen und tut nichts zufällig… obwohl sie Zufalls-Generator heißt, was ja schon einen Widerspruch ins sich darstellt.
Gruß
Petros
Das ist ja absolut spannend, was Du hier bewerkstelligt hast.
Liebe Grüße
Barbara
Danke, Petros; danke Barbara,
Nun könnte man eine Diskussion beginnen: Gibt es Zufälle oder ergibt sich immer eine Art Sinn?
Ich habe das Gefühl, dass ich da im Augenblick eher bei der Frage bleiben kann als bei der – vielleicht vorschnellen – Antwort. Die Frage muss wohl sowieso eher im Einzelfall entschieden werden als im Generellen – und womöglich immer im Nachhinein …
Liebe Grüße
Helmut
Lieber Helmut, herzlichen Dank für Deine Recherchen. Gerade weil es die Poetron-Gedichte, die ich seit geraumer Zeit kenne, gibt, halte ich mich sehr an Reim, Rhythmus und Melodie fest, auch wenn ich ab und zu „abstrakte“ (d.h. reimlose)Lyrik schreibe. Alle Rechnerkapazität der gesamten Welt reicht nämlich nicht aus, um ein melodiöses, rhythmisches Gedicht zu schreiben, schreiben zu lassen; auch bei einem Haiku ist das meines Wissens nach bis jetzt nicht gelungen.
Liebe Grüße
Hallo Paul,
Vielen Dank für die Anerkennung der Recherche
– und dafür auch noch wirklich an Dich, liebe Barbara, möchte ich doch ausdrücklich erwähnen –
und für den Kommentar überhaupt.
Ich bin (noch?) nicht so weit, dass ich ein generiertes Gedicht unverändert beibehalten würde. Aber das heißt nicht, dass es nicht Anregungen geben kann, die zu einem eigenen Gedicht führen könnten, das wie bei einem Bildhauer aus dem Stein des Materials erlöst würde, indem z.B. Rhythmus, Melodie, Reim usw. „herausgehauen“ (oder plastisch hinzugefügt – wenn der Bildhauer mit Ton arbeitet) werden könnte. Du, lieber Paul, hast das wahrscheinlich gar nicht nötig und sprudelst sowieso vor lauter Fantasie. Wohl deshalb schätze ich Deine Gedichte so sehr.
Liebe Grüße
Helmut