Dein Aphorismus tönt zwar einleuchtend, doch ich kann mir nichts Konkretes darunter vorstellen…
(Kann ausgeschöpfter und richtig angewendeter Reichtum – sofern das überhaupt möglich ist – nicht auch zum Zerfall führen?)
Interessant wäre, ob „tönt“ einfach nur ‚klingt‘ bedeutet, oder ob da schon ein bisschen grundsätzliche Skepsis durchklingt. Ich will Dich nicht mit Gewalt überzeugen, nur meinen Standpunkt etwas erläutern:
Ich dachte (wie ich das Bjoern gegenüber schon angedeutet habe) zuallererst an kulturellen Reichtum. Das konkrete Beispiel, das mich zu der Aussage gebracht hat, war die Geschichte der Donaumonarchie (auf Grund meiner Pragreise). Der große kulturelle Reichtum der Traditionen im Vielvölkerstaat wurde von den Herrschenden fast völlig vernachlässigt, also überhaupt nicht ausgeschöpft. Das, so meine These, hat wesentlich zum Verfall der Donaumonarchie beigetragen – lange bevor der konkrete Zerfall im Ersten Weltkrieg eintrat.
Die andere Seite der gleichen Medaille ist, dass der Reichtum des k. u. k. Reiches falsch angewendet wurde: nur um die Macht des österreichischen (deutschen) Kaisertums zu stützen – was sich ja nun gerade ins gegenteil verkehrt hat.
Spannend wäre da vielleicht auch die genauere Untersuchung der Geschichte des britischen Weltreiches, bzw. des Kolonialismus und Imperialismus überhaupt. (Ja, möglicherweise müssen Staaten wie Belgien oder die Schweiz sich im Kleinen immer wieder die vergleichbare Frage stellen?)
Ich finde es gar nicht abwegig, den Aphorismus auf den Reichtum der Reichen in den Industrieländern anzuwenden. Der Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems scheint mir da eine beredte Sprache zu sprechen. Die Politik der Entwicklungshilfe muss dabei genauso auf den Prüfstand wie die fehlende Demokratie im kapitalistischen Wirtschaftssystem.
‚Zerfall‘ ist übrigens schon von ‚Verfall‘ zu unterscheiden. Zerfall im Sinne von ökologischem Kreislauf hat nichts von ‚Verfall‘ an sich. Der Verfall eines Systems hat etwas von endgültigem Tod an sich, der nicht in einen sinnvollen Kreislauf des Lebens von Werden und Vergehen eingeordnet werden kann.
Soweit einmal mein Einstieg in eine mögliche Diskussion.
Liebe Grüße, verbunden mit dem Dank für die Anregung zu einer etwas detaillierteren Darlegung meiner Gedanken
Das ist wunderbar erhellend, Helmut. Vielen Dank, dass du dir so viel Erklärungsarbeit gemacht hast! Nun macht der Aphorismus wirklich Sinn. (Skepsis war meinerseits aber nicht vorhanden.)
Zuvor wusste ich nur nicht, in welche Richtung das Gesagte deutet: auf die Weltwirtschaft, die Banken, auf die vorhandenen Staatsgelder, auf Königshäuser und Fürstentümer oder auf den Besitz der „Schönen und Reichen“ dieser Welt… (An kulturellen Reichtum hatte ich eigentlich nicht gedacht.)
Aber wie du sagst, sowohl in kultureller als auch in materieller Hinsicht kann man weiterdenken.
Ja. Aber Armut auch.
Gruß
Armut ist Ergebnis des Verfalls!
Ebenfalls Grüße
Helmut
P.S. Ich dachte zuallererst gar nicht an materiellen Reichtum, sondern an kulturellen. Aber es passt ganz offensichtlich auch in anderen Bereichen.
Lieber Helmut
Dein Aphorismus tönt zwar einleuchtend, doch ich kann mir nichts Konkretes darunter vorstellen…
(Kann ausgeschöpfter und richtig angewendeter Reichtum – sofern das überhaupt möglich ist – nicht auch zum Zerfall führen?)
Gruss
Brigitte
Liebe Brigitte,
Interessant wäre, ob „tönt“ einfach nur ‚klingt‘ bedeutet, oder ob da schon ein bisschen grundsätzliche Skepsis durchklingt. Ich will Dich nicht mit Gewalt überzeugen, nur meinen Standpunkt etwas erläutern:
Ich dachte (wie ich das Bjoern gegenüber schon angedeutet habe) zuallererst an kulturellen Reichtum. Das konkrete Beispiel, das mich zu der Aussage gebracht hat, war die Geschichte der Donaumonarchie (auf Grund meiner Pragreise). Der große kulturelle Reichtum der Traditionen im Vielvölkerstaat wurde von den Herrschenden fast völlig vernachlässigt, also überhaupt nicht ausgeschöpft. Das, so meine These, hat wesentlich zum Verfall der Donaumonarchie beigetragen – lange bevor der konkrete Zerfall im Ersten Weltkrieg eintrat.
Die andere Seite der gleichen Medaille ist, dass der Reichtum des k. u. k. Reiches falsch angewendet wurde: nur um die Macht des österreichischen (deutschen) Kaisertums zu stützen – was sich ja nun gerade ins gegenteil verkehrt hat.
Spannend wäre da vielleicht auch die genauere Untersuchung der Geschichte des britischen Weltreiches, bzw. des Kolonialismus und Imperialismus überhaupt. (Ja, möglicherweise müssen Staaten wie Belgien oder die Schweiz sich im Kleinen immer wieder die vergleichbare Frage stellen?)
Ich finde es gar nicht abwegig, den Aphorismus auf den Reichtum der Reichen in den Industrieländern anzuwenden. Der Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems scheint mir da eine beredte Sprache zu sprechen. Die Politik der Entwicklungshilfe muss dabei genauso auf den Prüfstand wie die fehlende Demokratie im kapitalistischen Wirtschaftssystem.
‚Zerfall‘ ist übrigens schon von ‚Verfall‘ zu unterscheiden. Zerfall im Sinne von ökologischem Kreislauf hat nichts von ‚Verfall‘ an sich. Der Verfall eines Systems hat etwas von endgültigem Tod an sich, der nicht in einen sinnvollen Kreislauf des Lebens von Werden und Vergehen eingeordnet werden kann.
Soweit einmal mein Einstieg in eine mögliche Diskussion.
Liebe Grüße, verbunden mit dem Dank für die Anregung zu einer etwas detaillierteren Darlegung meiner Gedanken
Helmut
Das ist wunderbar erhellend, Helmut. Vielen Dank, dass du dir so viel Erklärungsarbeit gemacht hast! Nun macht der Aphorismus wirklich Sinn. (Skepsis war meinerseits aber nicht vorhanden.)
Zuvor wusste ich nur nicht, in welche Richtung das Gesagte deutet: auf die Weltwirtschaft, die Banken, auf die vorhandenen Staatsgelder, auf Königshäuser und Fürstentümer oder auf den Besitz der „Schönen und Reichen“ dieser Welt… (An kulturellen Reichtum hatte ich eigentlich nicht gedacht.)
Aber wie du sagst, sowohl in kultureller als auch in materieller Hinsicht kann man weiterdenken.
Nochmals besten Dank und liebe Grüsse
Brigitte