Maier-Lyrik

Lyrisches von Helmut Maier

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Tropfen im Meer*

Wären wir nur Tropfen im Meer:
wir hätten doch jedes ganz gewiss
unsre Bestimmung und unsere Würde.

Artikel 1 der Schöpfungsordnung:
er unterliegt keiner Beschränkung.

*ein Janka (https://www.maierlyrik.de/blog/der-janka/)

Verlustanzeige*

Hab meine Worte verloren.
Ich weiß wirklich nicht, ob es sich lohnt,
sie dort noch hinter den Bergen zu suchen.

Dort, wo man das Echo noch hört.
Dort, wo ihr Rot immer noch glimmt.

*ein Janka

Blüher*

Ein mächt’ger Kirschbaum und dabei
ein kleiner Birnbaum und die blühten.
Sie blühten um die nicht entschied’ne Wette.

Worin die Wette denn bestand?
Die Blüher kennen so was nicht.

*ein Janka

Bärenkräfte

Die Bärenkräfte lassen nach,
sehe ich mir die Welt an,
wie sie geworden ist:
trist.

Ein Bär aber
bleibt doch ein Bär.
Außer er wird ein Prinz
und kann noch mehr bewirken.

Und ihr haltet mich ja
am Leben
und zeigt mir
mit eurem Mut,
ihr Aktiven,
ihr friedlichen Kämpferinnen
und Kämpfer,
ihr, die ihr durchhaltet:
Du auch kannst Kräfte
mobilisieren.

Welche Lasten
kann ein Bär doch tragen,
to bear doch das Schicksal,
vielleicht das Ergebnis
der Mühe
nicht mehr zu sehen,
aber zu wissen:
Es lohnt sich.

Vor ein paar Tagen hat sich der Todestag von Eugen Grimminger zum dreißigsten Mal gejährt.

Eugen Grimminger war mit Robert Scholl, dem Vater von Hans und Sophie Scholl. befreundet.

Die Widerstandsgruppe Weiße Rose unterstützte Grimminger von Stuttgart aus maßgeblich durch Sachspenden (darunter ein Vervielfältigungsgerät) und hohe Geldbeträge, die er teilweise bei seinen Kunden gesammelt hatte. Am 2. März 1943 wurde er verhaftet und am 19. April 1943 im zweiten Prozess gegen Mitglieder der Weißen Rose wegen Unterstützung zum Hochverrat zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt; die Staatsanwaltschaft hatte auch für ihn die Todesstrafe gefordert, konnte ihm letztlich aber nur eine Geldübergabe nachweisen, nicht aber, was er tatsächlich über den Verwendungszweck wusste. Seine jüdische Frau Jenny Grimminger, bis dahin vor Verfolgung geschützt, wurde deportiert und in Auschwitz ermordet.

Eugen Grimminger starb am 10. April 1986 in Schanbach, dem größten Teilort der Gemeinde Aichwald in der Nachbarschaft von Esslingen am Neckar.

(Der Großteil der Informationen hier ist Wikipedia entnommen: https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Grimminger)

Trübung*

Der Hohenasperg: meist sichtbar
vom Karlstein oder Kernenturm aus.
Doch zur Zeit verbirgt ihn der Saharastaub.

So verschwimmt schon das getreue Gedenken
an den Remstalrebellen und an Schubart.

*ein Janka

Januarische Stufen

Die Stufen hinan
und dann
wieder zurück in Talgefilde.
Auf und ab,
ab und auf.

Velocipedenhaft
stürze ich mich
beflügelt hinab ins Filstal,
schreibe Gedichte in mein Hirn,
lerne sie auswendig.
Dort dann
schreibe ich sie
auf beliebige Zettel.
Später am Tag
keuche ich wieder hinauf
auf den Schurwald
und bring sie in Schönschrift.

Heute weiß ich nicht,
soll ich unten
dem blühenden Wiesengrund
meine Aufmerksamkeit schenken
oder mich ganz verlieren im Blau
da oben.

Oben und unten,
wo hält es mich länger,
wo werde ich festgehalten
für lange?

Zielgerichtet
in die eine oder andere Richtung
mich stürzen,
ich kann’s nicht auf Dauer
und ob ich’s schon wollte.

Erklimmen die Höhe,
mich verlieren im Tiefen,
will ich doch beides.
Gewiss ist mir gar nicht,
wo ich lande
am letzten Tag.

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