Einige Münzen hebe ich auf,
normale und Sonderprägungen,
sie nehmen an Wert zu, nicht wahr?
Alte Kalender zu Hauf,
ich will doch nachschauen können,
was vor vielen Jahren geschah,
ganz im persönlichen Bereich.
Alte Briefe, die mich erinnern,
wann meine Mutter
die Presswehen hatte
und in die Klinik fuhr
mit dem Taxi
und mich gebar.
Briefe auch mit schönen
Briefmarken oder Stempeln
oder seltsamen Aufdrucken.
Sind sie nicht kostbar?
Oder Biefchen, die ich selber schrieb,
als Zehnjähriger, wie könnte ich sie
wegwerfen?
Oder frühere Gedichte von mir.
Vielleicht werden sie eines Tages
doch noch veröffentlicht
in einem richtigen Verlag?
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Und heute
sind es wieder ziemlich viele
Schlüsselblümchen
und zwei Blüten der Primelchen
und auch einige des Scharbockskrauts
und wieder neue Osterglöckchen,
die kleinen, die den großen
Konkurrenz machen,
und überhaupt ist schon wieder
neues Gras da
und Moos
und ein Rotkehlchen,
das in der Hecke sitzt
und die beiden Kohlmeisen,
und schon vier Tage Frühling.
Heut ist Frühlingsbeginn.
Lasst uns ihn preisen,
ihn loben und feiern.
Heut ist Frühlingsbeginn.
Was für ein Wunder
und jedes Jahr neu.
Lasst uns ihn bejubeln
und tanzen und singen:
Wir wollen ihn
bejauchzen, innig begrüßen,
ihm den Weg öffnen,
dem Frühlingsbeginn.
Der Frühling kommt ja ganz gewiss.
Wir sehnen uns nach viel mehr Wärme.
Um ihn gruppieren sich die Jahreszeiten.
*ein Achtundzwanziger
Am Freitag war ich bei der Beerdigung meiner Tante Elfriede (Elle). 109 Jahre alt war sie. Lange ist das Leben (unter Umständen). Vor allem, wenn man halbseitig gelähmt ist.
Im unteren Himmel wurden
Wolkenpakete rasch verschoben.
Weit drüber standen Schäfchenwolken am Blau.
So am Donnerstag. Doch Regen am Freitag.
Aber für Tante Elle war es zeitweise so wie am Donnerstag.
Im unteren Himmel wurden
Wolkenpakete rasch verschoben.
Weit drüber standen Schäfchenwolken am Blau.
*ein Achtundzwanziger
Verhandeln.
Verhandeln.
Verhandeln.
Zugeben, was man selber
Böses getan hat.
Zugeben, dass man das
dem andern nur vorwerfen wollte.
Sich bei dem andern entschuldigen.
Den andern entschulden.
Überlegen, wie man wieder
miteinander auskommt.
Besserung geloben.
Endlich Frieden schließen.
Wenn in der Ukraine
russische Schriftsteller
aus dem vorigen oder
vorvorigen Jahrhundert
weggeworfen werden,
wenn in der Bundesrepublik
Deutschland russische
Kriegsdienstverweigerer
kein Visum bekommen
(oder auch ukrainische),
was ist da noch in Ordnung
mit dem Denken?