Lyrisches von Helmut Maier

Kategorie: Allgemein (Seite 2 von 96)

Wirtschaftswunder

Wirtschaftswunder?
Ging es nicht (auch) darum,
einen Wirtschaftsraum
für den Absatz amerikanischer Waren
zu eröffnen?

Und so kamen Kaugummis
und Jeans
und Nylonstrümpfe
und Demokratie
und was immer das Herz
an US-Warenströmen begehrte
besonders nach Deutschland
und natürlich auch
nach Frankreich und Italien und so weiter,
ach ja (Gott sei Dank!)
auch der Jazz.

Und die spätere
Entwicklungshilfe
aus Europa
nach Afrika
und vielleicht auch nach Asien
und Südamerika?
Sie brachte
abgelegte und gesammelte Kleider zu den Armen
(und zerstörten die einheimische
Kleiderherstellung)
und Weißbrot und Reis
und Weizen
zu den Armen,
Hungernden
und sie wurden immer hungriger,
bis sie nicht mehr Entwicklungsempfänger
sein wollten
und aufbegehrten
und nicht mehr befreite entkolonisierte
Kolonien sein wollten.

Und wir,
sind wir immer noch
amerikanisiert
glücklich?

Und befeuern den Krieg

in der Ukraine

für die USA

und dort sterben

täglich Tausende

Soldaten?

Verbreitet durch Helmut Maier („Maier-Lyrik“)

Öffentliche Erklärung zum Verbot der Nakba-Ausstellung auf dem DEKT in Nürnberg
Bitte weit verbreiten, auch an die Medien!
Der Deutsche Evangelische Kirchentag und die Palästinenser
Als Christinnen und Christen aus dem Osten und dem Westen unseres Landes ist uns das Geschick des Deutschen Evangelischen Kirchentages nicht gleichgültig. Im Gegenteil. Wir haben in den vergangenen sechs Jahrzehnten bis in die jüngste Gegenwart ( Ja, solange ist das schon der Fall) im Kirchentag mitgearbeitet. Wir waren im Präsidium, haben Vorträge und Bibelarbeiten gehalten, uns an Podiums-Gesprächen beteiligt und Diskussionen geleitet.
Vor einigen Wochen haben wir erfahren, dass das Präsidium des Kirchentages es abgelehnt hat, dass auf dem kommenden Kirchentag im Juni 2023 in Nürnberg  die Ausstellung „Nakba- Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“  im „Markt der Möglichkeiten“ des Kirchentages gezeigt wird.
Beantragt hatte das die Initiative „ Flüchtlingskinder im Libanon“. Diese Ausstellung ist auf früheren Kirchentagen schon gezeigt worden. Angesichts der neuen, uns beunruhigenden Israel/Palästina-Krise halten wir es für wichtig, sie erneut zur Diskussion zu stellen.
Sie ist nun aber verboten worden. Wir haben  uns Mühe gegeben, die Gründe für das Verbot zu erfahren. Wir haben Briefe geschrieben, die nicht beantwortet wurden, e-mail versandt, Telefonate geführt. Der Präsident, die Generalsekretärin, die Studienleiterin des Deutschen Evangelischen Kirchentages lehnen es kategorisch ab, eine Begründung für ihre Entscheidung zu nennen. Die Kommunikation mit dem Kirchentag erweist sich als außerordentlich schwierig. Sie ist teilweise vom Kirchentag einseitig abgebrochen worden.
Wir haben kein Verständnis für dieses Verhalten des Kirchentages, dem wir doch alle nahestehen.
Wir fordern nach wie vor eine öffentliche Begründung für das Verbot, die Nakba- Ausstellung  auf dem Kirchentag in Nürnberg zu  zeigen. Wir hoffen sogar darauf, dass diese Entscheidung durch unser Votum revidiert wird.
 
Almuth Berger, Berlin
Heino Falcke, Erfurt
Joachim Garstecki, Magdeburg
Heiko Lietz, Schwerin
Ruth und Hans Misselwitz, Berlin
Elisabeth und Konrad Raiser, Berlin
Gudrun und Gerhard Rein, Berlin
Andreas Zumach, Berlin
 
Im Februar 2023

Zu Arno Luiks Buch „Rauhnächte“

Heute mal etwas Prosa:

Ich habe heute, am 3. August 2023, das Buch „Rauhnächte“ von Arno Luik zuende gelesen. Ich habe ihn vor Kurzem in Beutelsbach gehört. Und kurz davor in Stuttgart schon auf der Montagsdemo gehört. Und ich habe von ihm im Juli 2010 erstmals über das umstrittene Bau- und Bahnprojekt im Stern gelesen. Zur öffentlichen Anhörung des Deutschen Bundestags „Offene Fragen zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 aufklären“ am 6. Mai war Arno Luik 2015 als Sachverständiger geladen. Er war auch schon einmal Chefredakteur der Zeitung taz ”“ ein wichtiger Journalist also!
Gekauft habe ich das Buch „Rauhnächte“ bei der Lesung in Beutelsbach. Es ist ein Bericht über das letzte Viertel des Jahres 2022, wie er mit seiner Krebserkrankung umging, von der er doch noch geheilt werden könnte. Es folgt seinem neuerdings geschriebenen Tagebuch, ist aber viel mehr: wie er vom September an bis zum Beginn dieses Jahres die Welt erlebt hat ”“ auch mit dem furchtbaren Krieg in der Ukraine, der immer noch ”“ wie lange noch? – andauert. Eine grässliche Welt, eine, mit der er und auch mit der Ampelkoalition in Berlin alles andere als zimperlich umgehen kann. Am deutlichsten wird das vielleicht bei der Beurteilung der Außenministerin Baerbock.
Es lohnt sich auf jeden Fall ”“ wenn man wie ich ganz auf der Seite von Arno Luik steht – dieses Buch zu lesen.

Defender?

Ach, durch Air Defender 23
ist meine Furcht
vor einem atomaren Krieg
nur sehr verstärkt worden.

Riesengroß war sie.
Und sie wurde ungeheuer.
Nun, da das Manöver
endlich vorbei war,
wurde der Schmerz
nur gelindert,
aber er blieb ”“ natürlich!

Und er bleibt.
Und durch die weiteren
Umstände schwindet er auch nicht:
Tausende Opfer
auf beiden Seiten
– täglich –
treiben ihn auf die Spitze.

Ach, nur durch Verhandlungen
könnte er gelöst werden.

Air Defender 23

Mit Air Defender 23
war Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz
übermaßen zufrieden.

Was es uns schlaflose Nächte
bereitet hat, weil wir
den dritten Weltkrieg fürchten mussten,
war ihm wohl egal.

Und zum CO2-Ausstoß
machte er keine Angaben.
Die aber entsprachen mindestens
den Jahresemissionen eines deutschen 3.000-Einwohner-Dorfes.

Eine Mahnwache vor dem Fliegerhorst in Jagel
benannte aber die Umweltbelastungen.

Luft-Lande-Manöver

Nun werden wir
das Dröhnen der Flugzeuge
öfter hören:
Das größte Luft-Lande-Manöver
der Nato
seit ihrem Bestehen.
Gegen Rußland.
Weil die ja allein die Bösen sind.
Und die US-Amerikaner
die bravsten Lämmer.
So sagt man es uns.

Streifzug durch Venedig

Vom Zug aus,
der nach Venedig fährt,
Blick auf die Lagune,
auf dem Damm nach den Inseln:
Der erste Campanile blinkt auf.

Dann vom Bahnhof
auf das Wasserboot:
die ersten Paläste
und kleinere Boote,
noch auf dem Canale Grande.

Rasch verlassen wir ihn,
der Weg führt einen kleineren
Kanal hinaus
in die Lagune
gegenüber der Begräbnisinsel
immer am Rande der Hauptinsel.

Wir sind da.
Wir finden unsere Wohnung
im dritten Stock:
mit schönem Interieur:
Sofas und Betten und Kunst.
Wir blicken hinaus
auf die enge Gasse,
die wieder ans Wasser führt
auf dem Platz an der Kirche.
Hier sind wir zu Hause.
Ein paar Tage lang.

Stufen gehen weit hinauf
an ein verschlossenes Tor.
Wäsche hängt unter den
zwei kunstvoll geschmückten
Spitzbogen auf Säulen.
Da hinten: die Gasse
wird durch einen Kanal
plötzlich beendet.
Wir sind dennoch auf dem Weg
nach San Marco
durch viele verworrene
Gässchen. Dort geht eine Brücke
über einen Kanal hinüber
auf einen Platz voller Paläste
mit vielen Balkönchen.
Dort aber eine Brücke,
die nur in ein Haus führt.
Vor jeder Haustüre hier: Boote!
Schließlich: Die Gegend von San Marco!
Und viele Bootsanlegestellen!
Und Restaurants und die Seufzerbrücke.
Plötzlich eine unüberschaubare Flut
von Touristen. Und der Dogenpalast!
Marmorüberschwemmt!

Weitere Inseln in der Lagune.
Wieder ein Campanile!
Laternen über Laternen!
Und Händler und Läden!
Und dann: d e r Campanile
von San Marco.

Beerdigung einer 109 Jahre alten Tante

Am Freitag war ich bei der Beerdigung meiner Tante Elfriede (Elle). 109 Jahre alt war sie. Lange ist das Leben (unter Umständen). Vor allem, wenn man halbseitig gelähmt ist.

Im unteren Himmel wurden
Wolkenpakete rasch verschoben.
Weit drüber standen Schäfchenwolken am Blau.

So am Donnerstag. Doch Regen am Freitag.

Aber für Tante Elle war es zeitweise so wie am Donnerstag.

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