Liegt die Manipulation
Nicht auf der Hand,
Dass zwischen materia
Und mater
In der rein patriarchalen
Sprachbetrachtung
Nirgends* ein Zusammenhang
Hergestellt wird?
(Und schon herstellen
Wäre eines Patriarchen
So würdig, so unwürdig
Es nur sein könnte ”“
Aber nicht dass jemand
Dächte, es wäre Scheu,
Nein, mann scheut sich)
*nach meiner bescheidenen vorläufigen Recherche (ich höre schon den Vorwurf des Vorurteils)
Lieber Helmut,
da stellen sich mir doch sehr viele Fragen in den Weg.
Materia – (fem.) = Materia prima (fem.) = Ursuppe = Leben gebärend (zufällig auch fem.)
Mater – (fem.) , und was ist weiblicher als eine Mutter, denn wenn sie nicht geboren hätte, dann wäre sie keine.
Aber die Sprache ist ja da, diese Worte haben wir geschenkt bekommen, und ganz gleich ob ich sie als Mann oder als Frau betrachte, sie (materia/mater)bleiben immer Weiblich und das Geschlecht der Nomen ist (wenn auch oft nicht logisch) ist fest und unumstößlich.
Uups?!
Was verstehst du unter patriarchalischer Sprachbetrachtung? Da fällt mir nur die „feministische Sprachverdrehung“ ein, z.B. der Amerikanerinnen, die „History“ in „Herstory“ umwandeln wollten!
Ich glaube einfach, dass ich hier auf der Leitung sitze. Aber vielleicht kannst Du mir ja bitte, ohne Scheu, auf die Sprünge helfen.
Liebe Grüße
LadyArt
Hallo Gabriele,
Lass mich zuerst mal aus dem Großen Duden Etymologie zitieren: Materie w „Urstoff; Stoff; Inhalt; Gegenstand [einer Untersuchung]“: In mhd. Zeit aus lat. materia „Stoff; Aufgabe; Vorwurf“ entlehnt, dessen weitere Zugehörigkeit nicht gesichert ist. – ….
D a s ist es, was ich patriarchale Sprachbetrachtung nenne – streng wissenschaftlich gesicherte Ergebnisse, ohne Spekulation, auch wenn sie noch so nahe liegt (wie Du im ersten Teil Deines Kommentars ja dargelegt hast). Für mich ist es selbstverständlich, dass Materie und Mutter (mater) zusammenhängen.
Dass feministische Sprachbetrachtung, die sich gegen solche patriarchale Sprachbetrachtung und Sprachbenützung wehrt, auch mal übers Ziel hinaus schießen kann (Dein Beispiel), schmälert die Berechtigung einer solchen Kritik überhaupt nicht.
Übrigens dass die Sprache ja einfach da sei (wir sie also nehmen müssen, wie sie ist,interpretiere ich), glaube ich nicht. Sie ist immer durch Interpretation verändert und sogar verfälscht worden.
Um noch vorhandene Missverständnisse möglichst aus dem Weg zu räumen, möchte ich (noch einmal) betonen, dass ich mir patriarchal erstellte Etymologie nicht zu eigen machen möchte.
Liebe Grüße
Helmut
Lieber Helmut,
Danke, für Deine Erklärung.
Doch ich hab da immer noch mein Problem.
Ich gehe mal davon aus, dass die Mönche im Mittelalter sich die Etymologie nicht aus den Fingern gesogen haben, sondern ganz einfach die Beispiele angeführt haben, die sie aus dem Fundus ihrer Textvorlagen aus dem Lateinischen und den dazu vorgenommenen Übersetzungen (und das vielfältig)herausgefiltert/gefunden haben.
Bei der Übertragung/Übersetzung von Texten aus dem Lateinischen/oder jeder anderen Sprache, wird man immer das passendste textspezifisch eindeutigste Wort verwenden. Und wenn materia der „Vorwurf“ bedeutete, dann kann ich mir das gut in einem juristischen Text vorstellen. Aber daraus einen Rückschluss auf patriarchalisches Denken zu ziehen, kann ich leider nicht nachvollziehen.
Sicherlich, die Sprache ändert sich ständig, auch ihre Bedeutung, aber das wird nicht durch ein Wörterbuch gemacht, sondern durch die Menschen (auch die einfachsten), die sie benutzen.
Wörterbücher sind Bestandsaufnahmen der Sprache, wie sie jeweils zur jeweiligen Zeit gewesen ist, doch im Augenblick des Entstehens oft in einigen Bereichen schon wieder veraltet sind, (denke nur an das Wort „geil“ und seine unglaubliche Wandlung!)
In der Sprachwissenschaft ist man natürlich auf die Wörterbücher der vergangenen Jahrhunderte angewiesen, obgleich möglicherweise, die Texte, auf die sie sich stützten schon längst verloren sind oder als Palimpsest irgendwo in alten Buchdeckeln versteckt.
Du hast ein schönes Thema angefangen, lieber Helmut, und liebe Grüße, Gabriele
Liebe Gabriele,
Ich habe jetzt den Teil des Zitats fett gesetzt, auf den es mir bei der Kritik wesentlich ankam. Das klärt vielleicht ein bisschen mehr.
Dass ‚Materie‘ auch Vorwurf bedeuten kann, ja sogar Eiter, wird möglicherweise von etwas dünnhäutigeren Patriarchen als Vorwand benützt, um ihre Scheu zu demonstrieren, so etwas nicht mit der Mutter in Verbindung zu bringen. Dass ich das nicht wirklich gelten lasse, das kommt im zweiten Teil meines Textes zum Ausdruck.
Wenn wir nicht völlig übereinstimmen in unserer Meinung, finde ich das nicht schlimm. In vielem tun wir es offenbar.
Liebe Grüße
Helmut
Danke für Deine Antwort.
Bis bald und gute Nacht
Gabriele
…ein Thema, das dich sehr beschäftigt. Da frage ich mich schon nach dem Grund.
Gruß
Petros
Der Grund ist (jedenfalls ‚vordergründig‘) mein Bedürfnis nach Gerechtigkeit, verbunden mit meinem Faible für alles, was mit Geschichte, Herkunft (auch Wortherkunft), Prägung, Manipulations-Abwehr zu tun hat.
Reicht das ?
Liebe Grüße
Helmut
…ja, danke!
Lieber Helmut,
interessant Dein Eintrag, genau so, wie die Kommentare.
Er verführt mich direkt, ein bestimmtes Gedicht (ein sehr weibliches 😉 einzustellen.
„Als Mutter Erde schwanger ging“
Liebe Grüße
Barbara
… und das ist sehr schön. Und Weiteres noch erwarten zu dürfen …
Liebe Grüße
Helmut
Lieber Helmut,
da schau mal, was ich bei meiner Recherche gefunden habe, ein wahrhaft interessanter Artikel.
Speyrer Texte (theologisch)
Ein Auszug zur Definition der Geschlechterdifferenz:
KOMPLEMENTÄR,
KONTRÄR, EGALITÄR? –
GESCHLECHTER- UND
MENSCHENBILDER IN
DER EUROPÄISCHEN
KULTURGESCHICHTE
https://www.gm-kaiserslautern.de/pdf/gender_und_Methusalem.pdf?PHPSESSID=2acd98fa53a9cae99548001f10dd4d07
…der sehr interessante Artikel von Michael Spang –
wenngleich aus theologischer Sicht, so weist er doch über die reine Etymologie hinaus auf das Geschlechterverhältnis/verständnis in unserem Abendland. Aufschlussreich…
…da kann man dann das „patriarchalische Gedankengut“ durchaus finden… (historisch gesehen!)
Viel Spaß beim Lesen.
Deine Gabriele
Hallo Gabriele,
Ich denke, in den großen Linien ist mir das, was Michael Spang ausgeführt hat, sehr geläufig, wenn ich das ganz unbescheiden sagen darf. Der Teufel liegt natürlich im Detail. Und teuflisch ist da schon einiges, wenn ich ‚teuflisch‘ nur als reine Metapher benütze.
Teuflisch ist schon mal, dass in der Einleitung von „den Anfängen einer europäischen Kultur, seit dem Beginn der abendländischen Kulturgeschichte im
antiken Griechenland“ die Rede ist. Zugegeben: Wenn von Geschichte die Rede ist (hier: Kulturgeschichte), dann ist streng wissenschaftlich natürlich nur von der Zeit die Rede, aus der es schriftliche Zeugnisse gibt. Und die gibt es im antiken Griechenland im Wesentlichen erst in der patriarchal geprägten Zeit. Dass das aber gar mit „den Anfängen einer europäischen Kultur“ in eins gesetzt wird, ist schon dreist. Genauso dreist wie der traditionell wissenschaftliche
Sprachgebrauch von Geschichte. Alles, was vor der Zeit schriftlicher Aufzeichnungen liegt, wird als ‚Vorgeschichte‘ abgetan, von der man außer von – ironisch gesagt – ‚ein paar archäologischen Funden‘ nichts Wesentliches sagen könne.
Unsere abendländische Kultur hat aber nicht nur patriarchale Wurzeln aus der Zeit der ‚Geschichte‘, sondern auch in vielerlei Gestalt überlieferte Ergebnisse z.B. der matriarchalen Zeit (wenn das Wort matriarchal verwendet werden soll – und dann nicht im Sinn einer Herrschaft der Frauen gegen die Männer, sondern im Sinn einer von Frauen weitgehend geprägten Welt) in der Jungsteinzeit, aus der unglaublich imposante Zeugnisse z.B. in Maltas Tempelkultur oder in Irlands ‚Grabhügeln‘ und darin erhaltenen großartigen architektonischen Steingewölben zu finden sind, die auch als Tempel gesehen werden können, die auch zur Verehrung der Großen Göttin, der Verkörperung der Mutter Erde gebaut wurden. Die keltische Kultur hat übrigens vieles davon adaptiert, als die Kelten in Gebiete der alten Megalithkultur eingedrungen sind.
So wie auch im antiken Griechenland oder in der Bibel in vielen Texten alte Wurzeln immer wieder aufscheinen, die ’natürlich‘ im Wesentlichen von patriarchalem Gedankengut überlagert sind.
„Die triviale Feststellung, dass Frauen und Männer Menschen sind und dass es dadurch etwas wie eine geschlechterübergreifende Einheit gibt, wurde in der Geschlechterdiskussion nie ernsthaft bestritten.“, heißt es dann wenig später. Das mag zutreffen, wenn davon ausgegangen wird, dass die Tatsache, dass Frauen in der ‚Geschichte‘ durchweg weniger Rechte hatten als Männer, mindestens bis in die Zeit meiner Eheschließung hinein, als es noch Gesetz war, dass Männer ihren Frauen verbieten konnten, berufstätig zu sein – wenn also diese Tatsache bei der Frage nach dem Menschsein ausgeklammert wird.
Dass nach Platon „die Geschlechterdifferenz“ einem angeblichen Mythos zufolge … „eine unnatürliche Trennung (sei), deren Überwindung uns erst zu
ganzen Menschen macht“, klingt ja sehr gut, hat aber mit der Eigenständigkeit von Frauen (oder Männern) wenig zu tun.
Die „Spaltung des Menschen in seiner Gesamtheit“ ist nicht „durch die Götter bewirkt“, sondern das Ergebnis des patriarchalen Machtanspruchs, der nach der Jungsteinzeit durchgesetzt wurde.
Die interessanteste Information für mich in dem Artikel von Michael Spang war, dass Aristoteles den Zusammenhang von mater und materia feststellt. Aristoteles hat diese Zuordnung allerdings ganz anders gesehen, als ich sie in meinem Text gefordert habe. Die mater wird bei ihm als sekundär gegenüber der materia gesehen: „Die Unterscheidung männlich-weiblich entspricht demnach Unterscheidungen wie aktiv-passiv,
Form-Materie oder Besitz-Mangel, und diese Unterscheidungen implizieren – zumindest im aristotelischen Kontext gedacht – eine klare Minderwertigkeit des Weiblichen.“ Das ist nun nicht so neu gegenüber Platon wie es vielleicht scheinen mag (siehe oben). In Wirklichkeit wird es gewiss anders herum sein: So wie die Mutter in der matriarchalen Zeit die Verkörperung der Mutter Erde bei den Menschen war, so war die Materie auch das, was die Erde geboten hat, damit die Menschen überleben konnten.
Hier stimme ich Michael Spang zu: „Der Mensch jenseits des Geschlechterunterschiedes ist ein begriffliches Konstrukt.“ Es geht aber bei der Bestimmung des Verhältnisses von Frauen und Männern nicht darum, dass der Unterschied zwischen Männern und Frauen verneint wird, wie es dem Sprachgebrauch zugrunde liegt, dass von ‚Lehrern‘ die Rede ist und damit angeblich Lehrer u n d Lehrerinnen gemeint sind. Es geht um die gleichen Rechte, eigenständige Wesen sein zu dürfen in jeder Beziehung.
Dann aber ist folgendes geradezu lächerlich: „Sowohl Mann als auch Frau realisieren in gleicher Weise
wesentliche Elemente des Menschseins.“ In gleicher Weise – ohne Rücksicht darauf, was Männer und Frauen an Erfahrungen, Erbe und Schwierigkeiten seit der Entstehung des Patriarchats mit sich herumtragen?
Diese Frage nur innerhalb der sogenannten ‚Geschichte‘ beantworten zu wollen – oder wie der Duden Etymologie gar nicht dran zu rühren, das finde ich arrogant und ignorant.
Liebe Grüße – auch an alle, die unsere Diskussion verfolgt haben
Helmut
Lieber Helmut,
ach, wie wunderbar ist das, nächtlich noch so einen Ausflug zu machen. Ich bin Dir sehr dankbar für Deine Ausführung und Deine Auseinandersetzung mit Spangs Text. Dein Heranziehen der keltischen Kultur und des Frauenbildes aus der Zeit vor Germanen und Römern in unseren Breiten ist sehr erfrischend. Auch die Etrusker – und auch die Kelten in Kärnten (Abbildungen von Familien) hatten ein völlig anderes gesellschaftliches Verständnis von Frau und Ehefrau als es die Griechen und später die Römer hatten, die dann im zweiten Anlauf durch die Christianisierung alles umkrempelten.
Ich danke Dir sehr für die Auseinandersetzung.
Liebe Grüße
…in Vorfreude…
Gabriele
Mit großer Aufmerksamkeit gelesen!
Gruß
Petros
Danke, Petros.
Das hat aber Zeit gekostet! 😉
Liebe Grüße
Helmut
Oh ja, das hat Zeit gekostet!
Ich habe einige Male versucht, meinen Senf dazu zu geben, bin dann aber zu dem Ergebnis gekommen, dass ich mich entweder aufs Glatteis begebe oder mich gar noch als patriarchalisch denkender Mensch entlarve…
(Meine Gedanken dazu sind einfach zu einfach = Mensch ist Mensch)
Gruß
Petros
Franzose ist Pole?
Frau ist Mann?
Sklave ist Adliger?
Mensch sei Mensch?
Ich ahnte, dass du mich missverstehen willst.
Ich mache in meinem Selbstverständnis keinen Unterschied zwischen einem Polen und einem Franzosen, wie ich auch keinen Unterschied mache, ob es Mann oder Frau ist, einmal abgesehen von den Geschlechtsmerkmalen und den damit einhergehenden Einschränkungen, z.B., dass ich weder ein Kind empfangen noch gebären kann.
Ich bin heterosexuell. Ein homosexueller Mann ich für mich wie ich, abgesehen von seinen sexuellen Neigungen.
Und dein Beispiel „Sklave ist Adliger“ überrascht mich nun doch! …ich bin doch nicht blöd!
Gruß
Petros
Gleichheit ist etwas anderes als z.B. Gleichberechtigung. Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, Fähigkeiten, Möglichkeiten, ja leider auch Rechte und Pflichten unterschiedlich.
Ich wollte Dich nicht missverstehen. Ich wollte nur zeigen, dass der Begriff Gleichheit („ist“)für Menschen nicht passt, nicht einmal für Zwillinge. Sonst musst Du eben „absehen“ von den Unterschieden. Und sind Unterschiede schlecht?
… und Du bist also Kunde von jenem Marktschreier? 😉
Liebe Grüße
Helmut
Wer die Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit sieht und dennoch keinen Unterschied macht, dem sind sie zu allererst „Mensch“… also ihm gleich.
Gleichberechtigt impliziert, dass man schon für diese Ur-Gleichheit ein „Recht“ benötigt, das wiederum ja so etwas wie einen Herrschaftsanspruch begründet, also doch eine Über- und Unterordnung.
Und wenn das so ist, dann muss der Mensch also diesen Anspruch geltend machen, Mensch zu sein?
Ja, ich kaufe gelegentlich bei jenem Marktschreier.
Gruß
Petros
Wie schön durch Zufall einen gleichgesinnten Geist zu finden! Ich habe mich gewundert, dass jemand offenbar durch die Suchbegriffe „Etymologie“ und „Materie“ auf meinen Blog geraten ist und es selbst ausprobiert: Siehe da, ich bin auf der ersten Seite bei Google. – Was aber leider Zeugnis darüber gibt, wie wenig das Thema offenbar interessiert, da meine Seite sehr unbekannt ist.. Aber so findet man immerhin die wenigen Ähnlichdenkenden im Netz. Habe deine Seite gleich mal abonniert!
Schöne Grüße
Anna
Liebe Anna,
Danke für das Erscheinen auf meinem Blog und für den interessanten Kommentar. Ich freue mich auf mehr an anderer Stelle des Blogs.
Liebe Grüße
Helmut