Lyrisches von Helmut Maier

Alteuropa*

Buchsbaum, Kaktus, Kapern,
Kastanie, Kirsche, Kresse,
Narzisse, Oregano, Thunfisch,
Petersilie, Rose, Rübe,
Veilchen, Zichorie, Zypresse.

Sie alle künden von einer Zeit,
einer immer besser erforschten,
in der diese Wörter bereits
(in ihren alten Formen, versteht sich)
lebten im Munde der Menschen
in europäischen Regionen,
als unsere indoeuropäischen
Vorfahren noch nicht heimisch
waren in Europa.

Das goldene Zeitalter?
Eine hierarchiefreie Kultur?
Eine Zeit, in der hartes Metall
noch unbekannt war.
Eine Zeit der Mütterlichkeit,
nicht der Härte?
Eine verlorene Chance?

*Siehe: Harald Haarmann: Das Rätsel der Donauzivilisation (Die Entdeckung der ältesten Hochkultur Europas). C.H. Beck. München 2011

7 Kommentare

  1. Helmut

    Schon mal im Voraus (bevor die erste Kritik ankommt):

    Diesen Text nenne ich ein Gedicht bzw. Lyrik im weitesten Sinn – siehe meine Theorie der Lyrik: https://www.maierlyrik.de/blog/2007/01/01/theorie-der-lyrik/ . Danach „hat Lyrik die Funktion, Alternativen aufzuweisen und (nach-)empfinden zu lassen und zu einer besseren Welt beizutragen.“

  2. schluesselworte

    ja, eine verlorene chance! eindeutig!

    und warum sollte das kein gedicht sein???

    abendgruß,
    monika

  3. Helmut

    Tja, liebe Monika, da wird es schon welche geben, die an der Form herumkritteln werden. Dass es für Dich ein Gedicht ist, freut mich.

    Liebe Grüße
    Helmut

  4. lintschi

    für mich ist es auch eins!

    aber – die chance lebt immer, so lange die welt besteht. aber wie lange besteht sie noch? wann wird sie der mensch zu staub machen? dann erst ist die chance vertan.

    lieben gruß
    lintschi

  5. Helmut

    Hach, ich hab’s halt doch mit lyrischen Kapazitäten zu tun: Lyrik als Weltverbesserungs-Instanz gelten lassend!!!

    Danke, liebe Lintschi/E., für die Anerkennung und die Hoffnung auf Erhalt der Chance!

    Ganz herzliche Grüße
    Helmut

  6. Moni

    … Ich finde schon, dass Gedichte die Welt verbessern können, bzw. das Lesen, das Nachdenken darüber…

    Moni

  7. Helmut

    Ach, liebe Moni, geht’s mir gut mit Euch: Und Adorno hatte doch Recht:“Die Idiosynkrasie des lyrischen Geistes gegen die Übergewalt der Dinge ist eine Reaktionsform auf die Verdinglichung der Welt, der Herrschaft von Waren über Menschen, die seit Beginn der Neuzeit sich ausgebreitet, seit der industriellen Revolution zur herrschenden Gewalt des Lebens sich entfaltet hat.” Siehe https://www.maierlyrik.de/blog/theorie-der-lyrik/ : Adornos Sicht.

    Ganz liebe Grüße
    Helmut

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