Lyrisches von Helmut Maier

Freiheit

Immer wieder ankommen
in den Vorhöfen des Tempelbezirks,
am Freiheitsbrunnen
sich die Füße waschen
und die Handgelenke
und träumen von Manna
und schwirrenden Entenbraten
aus Himmelsgefilden.

Und die einen erfahren
Erfüllung. Den andern
bleibt nur, was die Freiheit
einem jeden verheißt:
das Träumen
– solange die Freiheit
die Wohlhabenden
nicht verpflichtet
zu irgendetwas

außer der Verteidigung
ihrer Privilegien.

Paul Spinger hat mir zu diesem Gedicht ein bemerkenswertes Kommentargedicht geschickt:

Wir wissen wohl mit dem Verstand,
Es gibt gar kein Schlaraffenland,
Um Freiheit muss man streiten.
Doch merke ich an dem Gedicht,
Der Freiheitstempel ist sehr schlicht,
Heut wie in alten Zeiten.

12 Kommentare

  1. Rachel

    Lieber Helmut,

    so krass können Unterschiede sein! Ganz genial auf den Punkt gebracht!

    herzlich, Rachel

  2. Helmut

    Danke für Deine Zustimmung zu meiner Analyse, liebe Rachel,

    und herzlichen Gruß
    Helmut

  3. Paul Spinger

    Wir wissen wohl mit dem Verstand,
    Es gibt gar kein Schlaraffenland,
    Um Freiheit muss man streiten.
    Doch merke ich an dem Gedicht,
    Der Freiheitstempel ist sehr schlicht,
    Heut wie in alten Zeiten.

  4. Helmut

    Oh, vielen Dank, lieber Paul. Das habe ich gleich ein wenig öffentlicher gestellt.

    Ganz herzliche Grüße
    Helmut

  5. ahora

    „… der Freiheitstempel ist sehr schlicht“ –
    Worte, die zum Denken anregen, genau wie Dein schöner Eintrag.

    Liebe Grüße
    Barbara

  6. Helmut

    Danke, liebe Barbara,

    Ja, was alles unter dem Etikett „Freiheit“ verkauft wird!

    Liebe Grüße
    Helmut

  7. ELsa

    Auch dieses hier: Bemerkenswert!

    Ich freu mich über deine Texte, lieber Helmut,

    herzlich,
    ELsa

  8. Helmut

    Liebe Elsa,

    Ein Lob von Dir tut immer gut.

    Liebe Grüße
    Helmut

  9. Traveller

    die Vorhöfe des Tempelbezirks – da ist eine Grenze, ein Ausgeschlossensein
    der Freiheitsbrunnen scheint davor zu stehen – immerhin erreichbar für alle
    was ist das für eine Freiheit?
    die Freiheit zum Träumen – ohne Garantie

    ja, so ist das Leben
    aber immerhin die Hoffnung !

    lieben Gruß
    Uta

  10. Helmut

    Danke für Deine systematische Analyse, liebe Uta. Ja, so ist das Leben – wenn es nicht besser geregelt ist (was nicht heißt, dass es garantiert das Paradies wird, wenn es geregelt wird; es kann sogar bei schlechter Regelung die Hölle werden).

    Liebe Grüße
    Helmut

  11. Moni

    Hallo Helmut!
    Ich bin immer mehr noch mehr beeindruckt von Deiner Lyrik!

    Träume von Manna und „schwirrende Entenbraten aus Himmelsgefilden“ (diese Formulierung amüsiert mich!) sind eigentlich Träume vom Schlaraffenland. Ist Freiheit denn, dass a l l e n die gebratenen Tauben in den Mund fliegen?
    Heutzutage sagt man: alles ist machbar, jeder ist für sich selbst veantwortlich, Selbstverwirklichung ist Freiheit, Geld ist Freiheit…
    „Solange die Freiheit (die Wohlhabenden) nicht verpflichtet
    zu irgendetwas außer der Verteidigung (ihrer) Privilegien.“ Dieser Satz zeigt mir, dass es DIE FREIHEIT gar nicht geben kann…
    Übrigens, es wurden schon einmal Leute vom Vorhof des Tempelbezirks weggejagt, weil sie die Freiheit missbrauchten…

    Sehr nachdenkliche Grüße
    Moni

  12. Helmut

    Ich danke Dir für alle Nachdenklichkeiten, die Du angestellt hast, liebe Moni. Ja, so einfach, wie ich das zugespitzt habe, ist es natürlich nicht. Das entspricht dem, dass ich dabei auch das Amüsement bewusst herausgefordert habe.

    Ganz liebe Grüße
    Helmut

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