Der Schiller war halt Schwabe*,
das merkt man überall;
nicht groß war seine Habe,
hatte kein Pferd im Stall.
So glaube ich: Er hatte Schulden
und konnte wer sich nicht gedulden,
so hätte der’s ihm abgespannt.
So war das Brauch damals im Land.
Als Schwabe hat der Schiller auch,
wie’s noch bei meiner Oma Brauch
nicht ö und ü streng unterschieden
von ee und ii und so hinieden
der Schwaben Mundart (muss man sagen)
zur Klassik gradewegs getragen.
*Altwürttemberger jedenfalls (obwohl es damals kein Neuwürttemberg gab)
Man stelle sich bloß einmal vor, jemand würde Schiller heute so vortragen, wie meine Oma das gelesen hätte (siehe auch Kleine Reimkunde I), z.B. das heute so lesen: [wirde der fraoen]: Würde der Frauen – vorgestellt von Hermann Josef Schmitz.
Einige Verspaare daraus zum Beleg:
Und in der Grazie züchtigem Schleier
Nähren sie wachsam das ewige Feuer
Aber mit zauberisch fesselndem Blicke
Winken die Frauen den Flüchtling zurücke
In der Mutter bescheidener Hütte
Sind sie geblieben mit schamhafter Sitte
Nimmer ruht der Wünsche Streit,
………………….. (Nimmer, wie das Haupt der Hyder)
Ewig fällt und sich erneut.
Aber wie leise vom Zephyr erschüttert,
Schnell die äolische Harfe erzittert
In des Mannes verdüstertem Blick,
………………… (Klar und getreu in dem sanfteren Weibe)
………………….(Zeigt sich der Seele kristallene Scheibe,)
Wirft sie der ruhige Spiegel zurück.
Löschen die Zwietracht, die tobend entglüht,
…………………(Lehren die Kräfte, die feindlich sich hassen,)
…………………(Sich in der lieblichen Form zu umfassen,)
Und vereinen, was ewig sich flieht.
Hütet der Züchtigkeit köstliche Blüte,
Hütet im Busen des Weibes die Güte,
Aber in kindlich unschuldiger Hülle
Birgt sich der hohe, geläuterte Wille
Aus der bezauberten Einfalt der Züge
Leuchtet der Menschheit Vollendung und Wiege
Noch wenigstens ein Reimpaar/Verspaar zum Beleg von ö=ee (eh):
Mutig sprang er im Gewühle der Menschen,
Wie auf Gebirgen ein jugendlich Reh;
Himmel umflog er in schweifenden Wünschen,
Hoch wie die Adler in wolkigter Höh‘;
(diesmal aus „Eine Leichenphantasie“, vorgestellt hier: hier)
EINE RICHTIGE LÖHRSTÜNDE IST DAS HIER 😉
Gruß in den Sonntag
Petros
Na, war ich das meinem schwäbischen Landsmann Schiller nicht schuldig, lieber Petros?
Liebe Grüße und vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Helmut
Oweia, die Reimpaare tun so richtig weh.
Liebe Grüße
Barbara
Na, liebe Barbara, wahrscheinlich nur uns Tagesschau-Deutsch-Gewohnten!
Liebe Grüße
Helmut
Der Schiller war halt seinem König
Noch immer etwas untertänig.
Herrlich, deine Reimkunde !
da denkt man an unreine Reime und ist doch nur der Dialekt 😉
lieben Gruß
Uta
Lieber Paul,
Ja, genau: ein echt Schillerscher Reim! (…eenich und …eenich 🙂 )
Was historisch den König angeht: In Württemberg hatte es Schiller mit einem Herzog zu tun (und in Weimar wohl auch); der König war eher weit entfernt: der jeweilige Habsburger in Wien als deutscher König. (Aber darauf kam’s Dir, glaube ich, auch gar nicht an)
Liebe Grüße
Helmut
Liebe Uta,
Danke für Dein Lob.
Was den Dialekt angeht, so stand der Goethe beim Reimen dem in nichts nach. Man denke nur an den Reim
Neige, neige,
du Schmerzensreiche
Man muss es eben hessisch aussprechen: …aische – …aische 🙂
Liebe Grüße
Helmut